20.01.23, aus Brunsbüttel und Kiel berichten: R.SH-Chefkorrespondent Carsten Kock und R.SH Schleswig-Holstein-Reporter Lukas Poddig
Der russische Angriffskrieg in der Ukraine hat Deutschland nicht nur politisch vor große Herausforderungen gestellt, sondern auch energetisch. Denn statt Kohle, Öl und Gas billig aus Russland zu importieren, müssen nun neue Lieferanten für die Energieträger her. So sollen die russischen Rohstoffe möglichst schnell ersetzt werden.
Ein Teil dieser neuen Rohstoffe soll LNG sein - Liquified Natural Gas (auf deutsch: Flüssiggas). Flüssiggas zu bekommen, bringt jedoch einige Herausforderungen mit sich. Denn es wird nur flüssig transportiert, um so auch auf Schiffen um die Welt gebracht zu werden. Nach der Lieferung muss es wieder in den gasförmigen Zustand zurückversetzt werden, um es dann über Pipelines weiterzuverteilen. Das ging bisher in den deutschen Häfen nicht. Doch mittlerweile gibt es schon zwei LNG-Terminals in Wilhelmshaven an der Nordsee und Lubmin an der Ostsee.
Ein drittes Terminal wird heute in Brunsbüttel eingeweiht. Dort ist das "Regasifizierungs-Schiff" Höegh Gannet mittlerweile angekommen.
Die Einweihung
Mit dabei in Brunsbüttel ist natürlich reichlich Polit-Prominenz. Unter anderem, wie auf dem Bild rechts zu sehen, Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, Ministerpräsident Daniel Günther und Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Tobias Goldschmidt,.
Hintergründe zur Höegh Gannet
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Das Schiff
Mit sage und schreibe 294 Metern ist die Höegh Gannet ein echter Koloss. Eigentlich ist sie ein LNG-Tanker, also nur mit der Lieferung von LNG über die Weltmeere beschäftigt. Doch in Brunsbüttel wird das Schiff als schwimmendes Terminal eingesetzt. In der Fachsprache heißt das Floating Storage and Regasification Unit (FSRU). Mithilfe der Höegh Gannet sollen pro Jahr 3,5 Milliarden Kubikmeter Gas ins deutsche Netz eingespeist werden. Pro Jahr werden in Deutschland rund 90 Milliarden Kubikmeter Gas verbraucht.
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Die "Regasifizierung"
LNG wird zum Transport auf Schiffen zunächst vom gasförmigen in den flüssigen Zustand versetzt. So kann das Gas sicher und einfach auf Schiffen wie der Höegh Gannet transportiert werden. Dafür muss hoher Druck und eine hohe Temperatur erreicht werden. Das geschieht per Verdampfung in einer FSRU wie der Höegh Gannet.
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Die Kosten
Bis 2026 soll in Brunsbüttel ein festes LNG-Terminal an Land gebaut werden, sodass dann kein schwimmendes Terminal wie die Höegh Gannet mehr nötig sein wird. Doch günstig ist das Terminal trotzdem nicht: Die insgesamt fünf geplanten LNG-Terminals in Deutschland sollen bis 2038 rund 9,7 Milliarden Euro kosten.
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Die Kritik
Umweltschützer kritisieren das Projekt LNG-Terminal. Denn durch den Bau eines LNG-Terminals werde fossile Infrastruktur geschaffen und der Umstieg auf erneuerbare Energien erschwert und verzögert. Die Einweihung der Höegh Gannet findet unter hohem Polizei-Einsatz statt, um Protestaktionen wie eine mögliche Sabotage zu verhindern.
Langfristig soll in Brunsbüttel statt LNG Wasserstoff regasifiziert werden - so kann das Terminal auch für erneuerbare Energien genutzt werden.
Doch es gibt aus Umweltsicht auch gute Nachrichten aus Brunsbüttel: Denn im Gegensatz zum Terminal in Wilhelmshaven wird in der Elbe kein Chlor eingeleitet, um die Wärmetauscher zu reinigen. Das geschieht einfach mit Wasser aus der Elbe ohne Chloreinsatz.
Wie geht es nach der Einweihung weiter?
Die Höegh Gannet ist nach der offiziellen Einweihung zunächst im Testbetrieb - der erste LNG-Tanker soll Ende Januar in Brunsbüttel festmachen. Ab Februar soll sie dann in den so genannten Regelbetrieb wechseln und mithelfen, dass Deutschland auch weiterhin genug Energie zur Verfügung hat - und die Energiepreise wieder sinken.