21.03.23, aus Büsum berichtet: R.SH Schleswig-Holstein-Reporter Lukas Poddig
Büsum wird in dieser Woche die Kulisse für eine politische Auseinandersetzung. Denn unter Schleswig-Holsteins Fischern geht die Angst um, dass sie bald ihr teilweise seit Generationen betriebenes Handwerk aufgeben müssen. Grund für diese Angst ist das Meeresschutz-Abkommen der Vereinten Nationen. Darin verständigten sich im Februar alle Staaten der Welt, bis 2030 30% der Meeresflächen unter Naturschutz zu stellen.
So sollen sich die Ozeane, Wasserpflanzen und Fischbestände in Ruhe erholen können. Der zuständige EU-Kommissar für Fischerei, Virginijus Sinkevičius, will deshalb bis 2030 Schutzgebiete ausweiten und die sogenannte Grundschleppnetz-Fischerei EU-weit verbieten. Anders als mit Grundschleppnetzen kann man Nordsee-Garnelen, wie die Krabben eigentlich heißen, aber nicht fangen.
Doch was ist eigentlich das Problem mit der Fischerei in Nord- und Ostsee?
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So funktioniert Grundnetzschlepperei
Manche Arten kann man nur am Meeresboden antreffen und entsprechend dort fangen. Dazu zählen zum Beispiel Schollen oder die Nordsee-Garnele, die später als Krabbe auch auf dem bekannten Fischbrötchen landet. Dafür nutzen die Fischer Netze, die über den Boden gezogen werden. So werden die Tiere aufgescheucht und schwimmen nach oben - ins Netz der Fischer.
Doch es gibt verschiedene Arten der Grundschleppnetzfischerei - die unterschiedliche Auswirkungen auf das Meer haben.
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Welche Arten der Grundschleppnetzfischerei gibt es?
Das Fischen direkt am Meeresboden kann man auf verschiedene Arten durchführen. Dabei ist zunächst die Besonderheit der Nordsee zu beachten, dass es im Wattenmeer einen sehr weichen Meeresboden gibt. Das schlickige Wattenmeer ist kein Riff oder Steinboden und somit besonders nachgiebig.
Um ihre Netze auf den Grund zu bringen, müssen die Fischer ihre Netze beschweren. Dafür werden meist Metall oder Holzdielen genutzt. Bei den Grundscherbrettnetzen werden seitlich an den Netzen Bretter angebracht, die über den Boden gleiten und diesen "umpflügen". Dabei werden auch Arten in Mitleidenschaft gezogen , die sich im Boden befinden. Außerdem gibt es Netze mit Scheuchketten, die die Fische aufscheuchen sollen und Netze mit Rollen, den sogenannten Garnelen-Baumkurren. Je nach Geschwindigkeit der Schiffe können die Spuren am Boden unterschiedlich schwer ausfallen.
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Was kritisieren Umweltschützer an der Grundschleppnetzfischerei?
Für Umweltorganisationen gibt es verschiedene Kritikpunkte an den durchgeführten Praktiken. Grundsätzlich ist es bei Grundschleppnetz-Fischerei so, dass der Meeresboden berührt und also auch verändert wird. Je nach Methode und Geschwindigkeit können diese Effekte aber sehr unterschiedlich sein. Schwere Scherbretter können bis zu 30 cm tief in den Meeresboden eindringen.
Schlimmstenfalls können Lebensräume umgepflügt und der Boden mit Riffen und anderen Arten dauerhaft zerstört werden. Außerdem sehen Tierschützer den Beifang als großes Problem an. Denn das Netz macht keinen Unterschied zwischen Garnelen, Schollen oder anderen Tieren. Diese werden zwar wieder ins Meer geworfen, können jedoch schon vorher im Netz erdrückt werden oder über der Wasseroberfläche verenden.
Die Umpflügung des Bodens würde zusätzlich Treibhausgase freisetzen und enorm hohe Treibstoffkosten durch das Schleppen der Netze verursachen.
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Was tun die Fischer bereits, um den Nationalpark Wattenmeer und die Arten zu schützen?
Die Fischereibetriebe an der deutschen Nordseeküste haben bereits freiwillige Initiativen ergriffen, um das Ökosystem zu erhalten. Dazu gehören eine MSC-Zertifizierung, die Standards für die Fischerei festschreibt. So werden beispielsweise die Maschen der Netze derzeit vergrößert, um kleinere Garnelen und weitere Arten nicht zu fischen.
Der Deutsche Fischereiverband mit Sitz in Hamburg hat bereits 1999 umfangreich zum Garnelenfang geforscht. Damals wurde der Nationalpark Wattenmeer eingerichtet. Dr. Peter Breckling ist heute Generalsekretär des Verbands und sagt, dass die bisherige Fischerei mit leichteren Rollen das Ökosystem nicht zerstören würden. Demnach müsse man als Krabbenfischer die Nordsee gar nicht durchpflügen, da die Garnelen die Erschütterungen sich nähernder Netze spürten und von allein aus dem Boden nach oben schwimmen würden. Außerdem würde ein tiefes Durchpflügen des Bodens auch für die Fischer wegen der hohen Treibstoffkosten sich gar nicht lohnen.
Gehört dieses Bild also bald der Vergangenheit an?
Mittlerweile gibt es in Deutschland noch knapp 200 Krabbenfischer. Diese Zahl ist bereits seit Jahren sinkend. Doch zu einem kompletten Aus muss es nicht kommen. Um gegen den Plan der EU zu demonstrieren und für ihren Beruf einzustehen, planen die Krabbenfischer beim Treffen der Agrarminister in Büsum eine Protestaktion. Beim dreitätigen Treffen von Mittwoch bis Freitag hat Schleswig-Holsteins Minister Werner Schwarz von der CDU den Vorsitz.
Nach der Demonstration der Fischer gemeinsam mit Landwirten sollen die Politiker bei den EU-Plänen doch noch eingreifen.
Wie steht die Politik zu den Plänen?
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, der für Deutschland bei der EU für Fragen zu Fischerei zuständig ist, hat bereits seinen Widerstand angekündigt: Ihm gehe das "vorgesehene Totalverbot zu weit", sagte der Minister. Am Donnerstag beim Treffen der EU-Agrarminister könnte er also bereits dafür sorgen, dass es in Schleswig-Holstein so schnell kein Verbot des Krabbenbrötchen geben wird.